Stellungnahme in der GR-Sitzung am 26.07.2020
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrter Herr Berner und Herr Ammon,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr verehrte Gäste
zunächst vielen Dank für die Vorlage und die heutigen Ausführungen und Erläuterungen.
Nachdem ja die SPD-Fraktion und einige Leserbriefschreiber in der FZ „kritische Fragen“ gestellt und Anschuldigungen gegen den früheren Oberbürgermeister und die CDU- bzw. unsere FW/FD-Fraktion hinsichtlich unserer gemeinderätlichen Entscheidungen aus dem Jahr 2010 erhoben haben, möchte ich zunächst darauf eingehen.
In der Tat gehört der heutige Tag zu denen in meiner fast 40jährigen GR-Tätigkeit, wo ich bezüglich früher getroffener Entscheidungen ins Grübeln komme und mich frage, ob wir im Jahr 2010 tatsächlich richtig entschieden haben, zum einen was die abgespeckte PPP-Lösung anging. Aber auch bei der Auswahl des privaten Partners in Gestalt von Herrn Steinhardt und seiner G 1-Gruppe.
In unzähligen Sitzungen und Gesprächen (zum Teil unter Hinzuziehen von seitens der Stadt beauftragten Beratern und Rechtsanwälten) wurde dem Gemeinderat von der Verwaltungsspitze und der GF der Stadtwerke Fellbach dringend davon abgeraten, das neue Kombibad durch die Stadt selbst zu betreiben, weil -so die Aussage- „wir damit heillos überfordert wären“. Stattdessen sei eine Partnerschaft mit einem „Bäder-Profi“ der einzig erfolgversprechende Weg.
Mit einem aufwändigen Vertragswerk wurden angeblich alle Interessen der Stadt abgesichert und selbst bei den Eintrittspreisen für’s Sport- und Freibad eine Regelung getroffen, die der Stadt ein Mitspracherecht einräumte und nur maßvolle Erhöhungen möglich machte.
Zusammen mit einer großen Mehrheit der Fellbacher Gemeinderäte habe auch ich und unsere FW/FD-Fraktion diesen Empfehlungen vertraut. Vollends überzeugt hat mich die vom Finanzbürgermeister aufgemachte Rechnung, nach der mit dem Bau und der Verpachtung des F 3 das bis dahin Jahr für Jahr angefallene millionenschwere Defizit aus dem laufenden Betrieb des alten Frei- und Hallenbads für den Stadthaushalt komplett entfalle und wir mit diesem Betrag in etwa die Zinsen und die Tilgung des im Wesentlichen von der Stadt finanzierten Badneubaus erbringen können. „Mehr Bad für weniger Geld“ – so hieß die Zauberformel für die aufgezeigte „Win-win-Situation“, die für die Stadt relativ risikoarm sei . Die G 1 als Badpächter brachte sogar noch einen Investitionskostenzuschuss mit, um zusätzliche Investitionen vor allem im gewinnträchtigen Saunabereich zu ermöglichen. Außerdem verpflichtete sie sich vertraglich, das Bad bestmöglich zu pflegen und in Schuss zu halten und zusammen mit der Stadt jährlich eine Attraktivierungsrücklage zu bilden, um ggf. nach einigen Jahre durch neue Attraktionen einen dauerhaft wirtschaftlichen Erfolg für das F 3 sicherzustellen.
Und tatsächlich schien nach der Eröffnung im September 2013 auch alles gutzugehen. Es kamen deutlich mehr Besucher als erwartet, das Bad lief bestens und wurde auch von unseren Fellbacher Bürgerinnen und Bürgern angenommen. Und auch das Verhältnis zwischen Betreiber und Stadt schien problemlos zu sein.
Heute gerade mal 7 Jahre danach ist der Traum jäh geplatzt. Jetzt empfiehlt uns eine zugegebenermaßen anders zusammengesetzte aus der Verwaltungsspitze, Beratern und Anwälten bestehende Expertengruppe genau das Gegenteil wie im Jahr 2010. Heute so der Rat sei eine Übernahme durch die Stadt dringend angezeigt, ein Betreiben des Bads in Eigenregie der Stadt genau das Richtige und auf Dauer auch finanziell und wirtschaftlich für die Stadt erfolgversprechend.
Ehrlich gesagt, bin ich angesichts dieses Gegensatzes schon etwas frustriert und fühle mich ein bisschen „verschaukelt“. Auf alle Fälle ist meine Begeisterung für und mein Vertrauen in solche Privat-Partnership- Modelle gegen Null gesunken, musste doch auch ich nach dem, was ich in den letzten Monaten als Aufsichtsrat der Städtischen Holding und als Stadtrat erfahren habe, den Eindruck gewinnen, dass wenn es gut läuft „Gewinne privatisiert“, d.h. in die Tasche der G 1 – Gruppe geflossen sind und jetzt wenn es klemmt „Verluste sozialisiert“, d.h. auf die Stadt abgewälzt werden. So ist nicht viel von der so schön erhofften „Win-win-Situation“ geblieben.
Sicherlich hat die alle Badbetreiber mit voller Wucht getroffene „Corona-Krise“ das Fass zum Überlaufen und auch die „F 3-Betriebsgesellschaft“ in riesengroße Nöte gebracht. Allerdings muss die Frage erlaubt sein, warum die Gesellschaft nicht wie andere Bäder die staatlichen Rettungsschirme und zusätzlich die in Aussicht gestellten vorübergehenden Pachtnachlässe der Stadt in Anspruch genommen hat. Lag es vielleicht daran, dass Herr Steinhart nicht bereit war, die Gesellschaft auch mit seinem eigenen Privatvermögen zu stützen, wie das bei der Gewährung von staatlichen Hilfen Bedingung war oder spielte dabei womöglich eine Rolle, dass die „G 1 Bäder GmbH“ ihren Sitz in Österreich und nicht in Deutschland hatte ?
Erklärungsbedürftig ist für mich auch der Umstand, dass die F 3 Betreibergesellschaft noch für das Geschäftsjahr 2017 einen Gewinn von 152 000.– € ausweist, im Jahr 2018, genau in dem Jahr als auch im Aufsichtsrat erstmals über Dissonanzen zwischen der Stadt Fellbach und der Betreibergesellschaft berichtet wurde und Corona noch in weiter Ferne lag, die F3 – Betriebsgesellschaft trotz bestens florierendem Badebetrieb ein um fast 290.000.– € schlechteres Betriebsergebnis als im Vorjahr erzielte und einen Verlust von fast 135.000.– € bilanzierte. Für mich hat das zumindest ein „Gschmäckle“, dem man auf die Spur gehen sollte.
Unerklärlich für mich ist auch die Tatsache, dass die Stadt nicht von Anfang an darauf gepocht hat, dass der Teil der jährlich von der F3-Betriebsgesellschaft zu bildenden Attraktivierungsrücklage auf ein Treuhandkonto eingezahlt oder zumindest besichert werden muss. Denn diese Ansprüche sind jetzt mit einer Übernahme ebenso verloren wie offensichtlich unterlassene bzw. gestundete Grundsteuerzahlungen.
Im Übrigen verweise ich auf die von der SPD-Fraktion mit Schreiben vom 23. Juli zurecht gestellten Fragen, die ja heute zumindest teilweise schon beantwortet worden sind.
Ganz kann ich mich leider des Eindrucks nicht erwehren, dass man bei der Stadt und der Städtischen Holding die notwendige städtische Aufsicht bzw. Einforderung städtischer Ansprüche nicht immer mit letzter Konsequenz betrieben hat, was uns jetzt teuer zu stehen kommen kann.
Trotz all der genannten kritischen Punkte, die wie gesagt aufgearbeitet werden müssen, sind auch wir als FW/FD-Fraktion inzwischen zu der Erkenntnis gelangt, dass eine weitere Zusammenarbeit mit der G 1-Gesellschaft und den von der G1 eingesetzten Geschäftsführern der F3-Betriebsggesellschaft Probst und Eichstätt nicht länger möglich ist, weil einerseits ein wirtschaftlich erfolgversprechendes Konzept für die Zukunft überhaupt nicht erkennbar und Herr Steinhart als G1-Gesellschafter wohl nicht bereit ist, sich auch mit seinem Privatvermögen für die F 3 – Betriebsgesellschaft zu engagieren. Vor allem aber ist das für eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit erforderliche gegenseitige Vertrauen unseres Erachtens nicht mehr vorhanden.
Insofern trägt unsere FW/FD-Fraktion die in der Vorlage Nr. 103/2020 genannten Beschlussvorschläge mit. Da uns als Gemeinderäten aber der vertiefte juristische Sachverstand fehlt, können wir nur hoffen und darauf vertrauen, dass das jetzt ausgehandelte Vertragspaket die Interessen der Stadt wahrt und angesichts der sich zeitlich überstürzenden Ereignisse und der „mit heißer Nadel“ gefertigten Vertrage nicht noch nachträglich weitere Forderungen auf die Stadt zukommen und womöglich die Erträge aus den für diesen Fall vereinbarten Sicherheiten übersteigen.
Gewusst hätten wir heute natürlich auch gerne, welcher Betrag -abgesehen von der geplanten Eigenkapitalerhöhung bei der SHF- wir aus heutiger Sicht im Zuge der Badübernahme aus dem städtischen Haushalt einsetzen bzw. abschreiben müssen.
Interessieren würde uns auch noch, ob die sich wohl noch zahlreich im Umlauf befindlichen, also noch nicht eingelösten F3-Gutscheine und -Coupons, deren Entgelt die alte Gesellschaft vereinnahmt hat, aber die von uns jetzt eingelöst werden müssen, beziffert und vom Kaufpreis abgezogen worden sind oder noch abgezogen werden können.
Wir stimmen heute auch deshalb zu, weil wir eine Unterbrechung des Badbetriebs jetzt im Sommer möglichst vermeiden wollen, auch um weiteren Image- und wirtschaftlichen Schaden von unserem eigentlich sehr schönen „Familien- und Freizeitbad Fellbach“ abzuwenden.
Abschließend können wir nur hoffen, dass unser Bad wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt und sich die Belastungen für unseren städtischen Haushalt in Grenzen halten, und womöglich noch die von Herrn EBM Berner langfristig erhofften Gewinne eintreten, so dass der jetzige finanzielle Schaden zumindest teilweise ausgeglichen werden könnte.
Ulrich Lenk
Für die FW/FD-Fraktion