Haushaltsrede 2024

Städtischer Haushalt 2024 – Teil 2 (Ulrich Lenk)

Ulrich Lenk nimmt am 28.11.2023 für die FW/FD-Fraktion Stellung zum Haushaltsentwurf 2024

Hinweis: Es gilt das gesprochene Wort – nachfolgend nachzulesen ist das Manuskript

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Zull,
verehrte Gäste,

in meinem 2. Teil möchte ich einige grundlegende Ausführungen für unsere FW/FD-Fraktion ergänzen:

Ja sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin: Wir haben in der Tat anspruchsvolle und herausfordernde Zeiten: politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich, finanziell und personell. Alle von Ihnen aufgezählten Punkte und Anmerkungen teilen wir.                        

Zusammenfassend komme ich zu dem Schluss:  „Sicher  Geglaubtes und Verlässliches wankt –  während die Unsicherheit wächst  –  Der Hang zu  Populismus und Extremismus steigen – Der Unmut in der Bevölkerung wächst – und das Vertrauen in die Politik bzw. den Staat schwindet rapide“.  Auch weil oft zu viel versprochen, zu viel gestritten und zu wenig wirklich zielführende bzw. umsetzbare Gesetze und Maßnahmen beschlossen werden. 

Auch wenn Gott-sei-Dank die Stimmung  auf der kommunalen Ebene besser wie in der „großen Politik“, muss auch für uns  gelten, dass wir dieses Vertrauen unserer Bürger erhalten bzw.  zurückzugewinnen müssen.

Dazu bedarf es nach Ansicht unserer FW/FD-Fraktion einer glaubwürdigen, pragmatischen Kommunalpolitik ohne ideologische Scheuklappen, die sich am Machbaren orientiert und allein das Wohl Fellbachs im Blick hat. Unsere insgesamt  gut aufgestellte Stadtverwaltung „konstruktiv kritisch“  zu begleiten, war,  ist und bleibt unser Anspruch – erst recht im Wahljahr 2024.

Helfen können dabei übergeordnete Leitlinien sozusagen als Kompass für unser kommunalpolitisches Handeln:

  1. Wir müssen die Bürger anhören,  ihre Sorgen ernst nehmen und sie „mitnehmen“. Reinhold Maier drückt es so aus: „Wir müssen den Bürgern aufs Maul schauen ohne ihnen nach dem Munde zu reden“
  2. Nicht immer zu Unrecht beklagen die Bürger, dass zu viel am „Grünen Tisch“ theoretisch vielleicht Richtiges, aber praktisch oft nicht bzw. nur mit zusätzlichem bürokratischen Aufwand Umsetzbares ausgeheckt wird.
  3. sollten wir die für jede Familie geltende Regel beherzigen, dass man zumindest längerfristig nur so viel Geld ausgeben kann wie man einnimmt.
    in diesem Zusammenhang danken wir der Verwaltung,  dass sie für 2024 keine Steuererhöhungen vorgeschlagen hat. Andererseits  sind wir gespannt, wie die Grundsteuerreform in der Praxis bei uns in Fellbach umgesetzt wird und ob das auf allen politischen Ebenen abgegebene Versprechen noch gilt, dass die Reform ab dem 1.1.2025 nicht zu Steuererhöhungen führen soll.
  4. zwingt uns die verschlechterte Finanzlage bei allen Ausgaben noch mehr Selbstdisziplin zu üben, unsere Standards auf den Prüfstand zu stellen und uns im Sinne einer „Aufgabenkritik“ von der Vorstellung zu verabschieden, dass der Staat respektive die Stadt alles regeln muss. Mehr Eigenverantwortung der Bürger und weniger oft bürokratisch überfrachtete Regelungswut aller staatlichen Ebenen – das ist doch das Gebot der Stunde.
  5. sollten wir den Bürgern mehr und mehr durchdigitalisierte Prozesse anbieten, die Behördengänge ersetzen und damit auch die städtischen Mitarbeiter entlasten.
    Unsere Fraktion hat den Traum noch nicht aufgegeben, dass damit mittelfristig der Stellenplan nicht nur eine Richtung nach oben kennt, sondern auch einzelne Stellen sozialverträglich gestrichen werden können. In diesem Zusammenhang beantragen wir, einen Fahrplan vorzulegen, welche digitalen Prozesse in der Verwaltung kurz-, mittel- und langfristig zur Umsetzung kommen und welche Auswirkungen auf die Soft- und Hardware, die Infrastruktur und für die Schulung unserer Mitarbeiter sich daraus ergeben.
  6. fragt sich unsere FW/FD-Fraktion, ob es tatsächlich bei allen Investitionsvorhaben, Vergaben und selbst bei Personaleinstellungen notwendig ist, teure Prozessbegleiter, Kosten-Controller, Personaldienstleiter und Rechtsberater hinzuziehen. Wir beantragen von der Verwaltung bis zum Frühsommer 2024  eine Aufstellung aller im Jahr 2023 in Anspruch genommenen externen Berater und der dafür eingesetzten Gelder (die ja zu den Personalkosten hinzugezählt werden müssen).
  7. Sollten wir noch stärker auf die interkommunale Zusammenarbeit mit dem Landkreis und benachbarten Kommunen setzen, weil nicht jede Kommune das Rad neu erfinden und dafür neues Personal requirieren muss.  Anbieten würden sich z.B. Kooperationen bei der Digitalisierung oder beim Katastrophenschutz.
  8. sollten wir endlich zur Kenntnis nehmen, dass nicht alles was kommunalpolitisch wünschenswert oder vermeintlich notwendig ist, verwirklicht werden kann. Des-halb sollten wir mit Versprechungen zurückhaltend sein, und als Gemeinderat Prioritäten festlegen.

Unserer FW/FD-Fraktion sind folgende Punkte besonders wichtig :

  • An erster Stelle steht ähnlich wie bei unserer Oberbürgermeisterin auch bei uns das Thema Bildung und Kinderbetreuung, wobei wir aber der Meinung sind, dass eine gute Ausstattung einerseits und Kostenbewusstsein andererseits kein Widerspruch sein müssen.
  • Wichtig ist uns, dass unsere Bürgerinnen und Bürger in Fellbach in Würde alt werden können. Neben der Sorge um genügend Pflegeplätze, kommt angesichts des Wunsches, dass immer mehr Menschen solange wie möglich in den eigenen vier Wänden alt werden wollen, den Themen Kurzzeit- und Tagespflegeplätzen, sowie den ambulanten Hilfen eine wachsende Bedeutung zu. Da die Kreispflegeplanung 2022 für Fellbach aber einen „erheblichen Bedarf zur Schaffung an altersspezifischen Wohnformen“ ausweist und für den Raum Waiblingen vor einer drohenden „massiven Unterdeckung an Pflegeinfrastruktur“ warnt, beantragen wir, spätestens dem neuen Gemeinderat ab September 2024 einen aktualisierten Lagebericht einschließlich der seitens der Verwaltung für die nächsten 10 Jahre geplanten konkreten Maßnahmen vorzulegen.
  • Weil uns das Thema Sicherheit wichtig ist sollten wir diesbezüglich weder am Personal noch am Material sparen; ich verweise auf den von Martin Oettinger formulierten Antrag.
  • Einen besonders hohen Stellenwert haben in unserer Fraktion der Erhalt unserer Lebensgrundlagen und der Klimaschutz, wobei wir auch hier wirtschaftliches Denken einfordern. Die Stadt sollte beim Klimaschutz mit gutem Bespiel vorangehen und die Solarnutzung bzw. die energetische Sanierung bei städtischen Immobilien intensivieren oder z.B. die Biodiversität durch das Anlegen von Blühstreifen entlang von geeigneten Straßen befördern. In der nächsten Gemeinderatssitzung wird der „Kommunale Wärmeplan“ für Fellbach vorgestellt. Weil „Gebiete mit zentraler Wärmeversorgung und Wärmenetzen“ bezüglich des Klimaschutzes und der Energiewende besonders effektiv sind, fordern wir die Stadt auf, alles dafür zu tun, dass die bestehenden Gebiete wo immer möglich ausgedehnt werden bzw. neue angestrebt werden, damit möglichst viele private Gebäude mit höchstem ökologischem Standard mit Energie versorgt werden.
    Alle Pläne für einen Autobahnring über das Schmidener Feld lehnen wir entschieden ab – dieses Projekt ist unbezahlbar, aus der Zeit gefallen und würde mehr Probleme schaffen wie lösen.
  • Besonders am Herzen liegt unserer FW/FD-Fraktion die Förderung des Ehrenamts. Die Ehrenamtlichen in unseren Kirchengemeinden, Hilfsorganisationen und Vereinen, ohne die unsere Stadt ideell und finanziell ärmer wäre, verdienen als der „Kitt in unserer Stadtgesellschaft“ unsere Wertschätzung.
  • Mehr Aufmerksamkeit müssen wir nach Ansicht unserer Fraktion zukünftig den Themen Sanierung und Werterhalt unseres städtischen Vermögens widmen. Wer sich z.B. unsere Sporthallen oder auch einzelne Straßen, Geh- oder Feldwege genauer anschaut, erkennt rasch einen immensen Sanierungsrück-stau. Und machen wir uns nichts vor: Unterlassene Sanierungen sind nichts anderes als „Schulden“.  Wir beantragen deshalb eine Erfassung des Sanierungsrückstaus (mit Bewertung der Dringlichkeit) und ein Konzept zum Abbau.
  • Im investiven Bereich kommt nach Ansicht unserer FW/FD-Fraktion dem Projekt „Neue Mitte Fellbach“ im Zusammenhang mit der Verlegung der Endhaltestelle der U 1 eine überragende städtebauliche Bedeutung zu, weil hier die Möglichkeit besteht, eine Zone mit Aufenthaltsqualität von der Cannstatter Straße bis zum Rathaus-Carré zu schaffen, die auch unserem darbenden Einzelhandel Chancen eröffnet.
  • Auch weil Schmiden und Oeffingen seit rund 50 Jahren zu Fellbach gehören, hat für uns die bereits in den Eingliederungsverträgen zugesagte Aufwertung der jeweiligen Ortskerne Priorität vor anderen Straßengestaltungsmaßnahmen, wie z.B. dem Umbau der Bahnhofstraße.
  • Unsere FW/FD-Fraktion unterstützt die Wohnungsoffensive unserer Oberbürgermeisterin und die Projekte unserer WDF, weil auch wir dazu beitragen müssen, dass dieses, gesellschaftlichen Sprengstoff in sich bergendes Problem nicht eskaliert.
  • Wir sind die Auffassung, dass wir den Bereichen Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Förderung von Einzelhandel und Gewerbe noch mehr Aufmerksamkeit widmen müssen, weil uns eine lebenswerte Stadt mit guten Einkaufsmöglichkeiten, einer guten ärztlichen Versorgung, sicheren Arbeits-plätzen und einer gesunden Wirtschaftsstruktur am Herzen liegt. Bitte ver-gessen wir nicht, dass wir unsere gute Infrastruktur zu einem großen Teil unseren Gewerbesteuerzahlern verdanken.  Deshalb wird es allerhöchste Zeit, dass das Gewerbegebiet an der Siemensstraße endlich durchstartet und weitere Entwicklungsgebiete zumindest vorbereitet werden.
  • Und schließlich sollte uns angesichts der enormen auch finanziellen Aufwendungen für die Unterbringung von Geflüchteten endgültig klar geworden sein, dass wir mit dem Landkreis „in einem Boot der kommunalen Familie“  sitzen. Statt uns gegenseitig den Sparwillen abzusprechen, sollten wir wertschätzen, was wir aneinander haben und gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden endlich dafür sorgen, dass das Konnexitätsprinzip eingehalten wird und nicht länger Bund und Land  neue Wohltaten beschließen, die dann unter-finanziert von den Kommunen umgesetzt werden müssen.

Soviel    -meine sehr verehrten Zuhörer-   zum „kommunalpolitischen Kompass“ unserer FW/FD – Gemeinderatsfraktion.

Zusammenfassend möchte ich für uns die vier Punkte :

  1. KLIMASCHUTZ,
  2. eine GUTE INFRASTRUKTUR (einschl. Bildung und Betreuung),
  3. ein  PULSIERENDES BÜRGERSCHAFTLICHES LEBEN (wozu ein vielfältiges Kulturleben, soziale Hilfen und die vielfältigen Angebote unserer Kirchen, Sozialverbände und Vereine gehören) und
  4. GESUNDE STÄDTISCHE FINANZEN

als  „magisches Viereck der Kommunalpolitik“ bezeichnen, wobei meines Erachtens die Kunst darin besteht, diese sich  z.T. widersprechenden aber gleichwertigen Ziele parallel zu verfolgen und in eine gute Balance zu bringen.  Nicht mehr und nicht weniger ist nach Auffassung unserer Fraktion die Aufgabe von Verwaltung und Gemeinderat.

Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,

das Jahr 2024 ist ein Wahljahr, speziell für uns in Fellbach. Im März findet die Wahl einer Baubürgermeisterin/eines Baubürgermeisters statt, am 9. Juni sind Gemeinderats-, Kreistags- und Regionalwahlen und im September 2024 steht die Oberbürgermeisterwahl an.

Auch wenn wir nicht immer derselben Meinung sind, schätzen wir unsere fachlich versierte und erfahrene Baubürgermeisterin Beatrice Soltys und erst recht unsere Oberbürgermeisterin Gabriele Zull, die in den zurückliegenden nicht immer einfachen Jahren mit fachlichem Können, großer Erfahrung, mit Herz und mit der Gabe ausgestattet, auf Menschen zugehen zu können, unsere Stadt gut geführt und ein

„Wir-Gefühl“ in Fellbach entwickelt hat. Auch wenn bis zur Wahl noch einige Monate ins Land gehen, verspüren wir in unserer  FW/FD-Fraktion keinen Wechselbedarf.

Der Dank unserer FW/FD-Fraktion gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt und ihrer Gesellschaften für ihre engagierte Arbeit, heute aber insbesondere unserem Finanzdezernenten Johannes Berner sowie der Kämmereiamtsleiterin Sabine Arnold und ihrem Team für einen sicherlich schwierigen, aber transparenten und gut erläuterten Haushaltsplan 2024.

An uns Gemeinderäte habe ich abschließend die Bitte, dass wir gerade in einem Wahljahr zwar durchaus unsere unterschiedlichen Profile klar herausarbeiten, aber trotzdem uns der gemeinsamen Verantwortung für Fellbach bewusst sind und nicht der Versuchung erliegen, populistisch schwarz-weiß zu malen.  Begegnen wir uns also fair und respektvoll und behalten wir gerade in einem Wahljahr zumindest in grund-legenden Fragen unseren Leitspruch der letzten Jahre im Blick, der da lautet  „Fellbach hält zusammen!“.

Nach oben scrollen
Consent Management Platform von Real Cookie Banner