Unser Fraktionsvorsitzender Martin Oettinger nimmt zum Entwurf Stellung. Es gilt das gesprochene Wort
Sehr verehrte Frau Oberbürgermeisterin Zull, sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Berner,
sehr verehrte Frau Baubürgermeisterin Soltys, liebes Team der großen Kreisstadt Fellbach,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte interessierte Bürgerinnen und Bürger Fellbachs,
Das Motto des diesjährigen Herbstes lautete „Blick zurück nach vorn!“ Dies möchte ich auch für die aktuelle anstehende Haushaltsberatung aufgreifen. Wahrzunehmen was war, und den Blick darauf zu richten was kommt. Per se könnte man meinen, dass dieser Satz von Zuversicht spricht. Bedauerlicherweise ist dies angewandt auf den Fellbacher Ergebnis- wie Investitionshaushalt aber nicht so.
Das anfangs klaffende Loch von über 24 Mio. vor Einbringung, hätte zu einem nicht genehmigungsfähigen Haushalt geführt. Keinerlei Investitionen wären dann möglich. Ganz egal wie notwendig diese dann auch sind. Fellbach würde von der Selbstverwaltung in eine Fremdverwaltung gehen. Um dies abzuwenden, wurde schon verwaltungsintern in mehreren Sparrunden der Rotstift angesetzt. Die immensen Sparmaßnahmen und Budgetkürzungen, welche zur Kostenreduzierung in 2025 maßgeblich beitragen werden, erkennen wir hier ganz ausdrücklich an.
Machen wir uns bitte aber nichts vor – liebe Zuhörenden.
Diese Sparmaßnahmen vor allem im Gebäudeunterhalt und im Unterhalt des öffentlichen Raumes werden für die Fellbacher Bürgerinnen und Bürger spürbar sein. Diese Maßnahmen sind jedoch nur eine Art Feuerlöscher. Die eigentlichen Ursachen können damit nicht dauerhaft und nachhaltig bekämpft werden. Es braucht grundsätzliche und strukturelle Maßnahmen in der Kernverwaltung, aber auch in den Beteiligungsunternehmen der Stadt. Wir müssen dies gesamtheitlich sehen. Hohe Defizite bei den Beteiligungsunternehmen müssen schlussendlich über den städtischen Haushalt ausgeglichen werden. Unsere FW/FD Fraktion erwartet daher die bereits angestoßene Strukturen Reform in 2025, wo immer umsetzbar, auch in die Beteiligung hineinzutragen und einzufordern.
An alle anwesenden Geschäftsführenden und Aufsichtsräte gerichtet: Nehmen sie diesen Auftrag mit!
Das übergreifende Sparkonzept reicht jedoch aktuell nicht mehr aus. Den, mit minimalen Ausnahmen, eingebrachten Stellenstopp im Stellenplan für 2025 begrüßen wir. Dazu gehört auch eine aufgabenorientierte und dem temporären Arbeitsaufkommen geschuldete Flexibilität. Diesen lebendigen Stellenplanansatz tragen wir ausdrücklich mit.
Leider fehlt unserer FW/FD Fraktion aber immer noch die exakte Transparenz im Stellenplan. Daher fordern wir die Verwaltung auf, aktuell und auch zukünftig, in der Stellplanübersicht die Anzahl der Gesamtstellen, der davon unbesetzten Stellen inklusive Zeitspanne der Vakanzen, bereichsgenau darzustellen. Ich verweise hier auch ausdrücklich auf unsere Antragsliste.
Der Bereich öffentliche Sicherheit und öffentliches Sicherheitsempfinden war und ist unserer Fraktion sehr wichtig. Der kommunale Ordnungsdienst muss daher leistungsstark aufgestellt sein. Vielleicht etwas weniger zum Ausstellen von Knöllchen, dafür mehr in der Präsenz. Für ein verbessertes Sicherheitsgefühl für unsere Bürgerinnen und Bürger. Nicht zu vergessen soll für unsere Wengerter und Landwirte ein verlässlicher Ansprechpartner im Bereich „Feldschutz“ sein.
Trotz aller voran erwähnten Maßnahmen ist eine zusätzliche Anpassung auf der Einnahmeseite unausweichlich. Unsere FW/FD Fraktion ist immer dafür eingestanden, die Ausgabenseite vor der Einnahmeseite zu betrachten.
Falls Einsparungen und reduzierte Kostenansätze nicht mehr ausreichen, dann (und erst dann!) müssen wir uns der Einnahmeseite widmen.
Den bereits im Haushalt und der langfristigen Finanzplanung eingepreisten Verwaltungsvorschlag, den Gewerbesteuersatz ab 2025 um 20%-Punkte zu erhöhen 2025 tragen wir daher mit. Schlussendlich handelt es sich hierbei um eine dauerhafte ca. 5% effektiven Erhöhung für unsere erfolgreichen Gewerbetreibenden in Fellbach.
Ich versichere ihnen hier, dass uns diese Entscheidung nicht leichtgefallen ist. Da schlagen zwei Herzen in unserer Brust. Zum einen als Fraktion die sich wie kaum eine andere unseren Gewerbetreibenden verbunden fühlt, und sich für deren Belange einsetzt. Und zum anderen als Fraktion die kommunalpolitische Verantwortung übernimmt, und sich auch trotz sicher berechtigter Kritik, den Herausforderungen unsere Stadt und der Investitionsplanung stellt.
Liebe Zuhörende und Mitglieder des Gremiums:
Unsere FW/FD Fraktion legen großen Wert darauf, dies als Vorabmaßnahme zur langfristigen Haushaltskonsolidierung zu betrachten. In ihren Grundsätzen zur Einnahmenbeschaffung sieht die Gemeindeverordnung vor, dass zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Einnahmen soweit vertretbar und geboten aus Entgelten für ihre Leistungen, und im Übrigen aus Steuern zu beschaffen sind. Und das explizit in dieser Reihenfolge. Daher ist die von uns mitgetragene Gewerbesteueranpassung auch ein Vertrauensvorschuss, wenn es um die Entgelt- und Gebührenanpassung im Jahr 2025 gehen wird.
Gleiches gilt auch für die angekündigten Strukturmaßnahmen im Haushalt, welche nun schnellstmöglich messbare Ergebnisse liefern müssen. Die angekündigten Prozesse seitens der Verwaltung zur strukturellen Verbesserung unseres Ergebnishaushaltes tragen wir nicht nur mit. Wir fordern sie vielmehr ausdrücklich ein! Erste Ergebnisse müssen bis spätestens zum Halbjahr 25 vorliegen. Wichtig ist unserer Fraktion die schnelle Umsetzung.
Liebe Zuhörenden,
ein kommunalpolitischer Spaziergang wird dies alles sicher nicht. Zur Wahrheit gehört aber auch dazu, dass die sich schon länger angedeuteten, strukturellen Haushaltsprobleme nicht nur Fellbach betreffen. Und damit auch nicht rein hausgemacht sind. Uns fällt keine Kommune im Landkreis ein, welche sich nicht mit denselben Problemen konfrontiert sieht. Das Fass ist lange vollgelaufen, und es scheint jetzt unausweichlich überzulaufen. Die Entwicklung des Bundes-, Landes- wie auch Kreishaushaltes sehen viel mehr Belastungen als Entlastungen für Fellbach vor. Es gilt mit dieser Kaskade klarzukommen, da die Einflussnahmen darauf, innerhalb unserer Stadt, nur sehr bedingt gegeben ist.
Dennoch ist im Grundgesetz das Konnexitätsprinzip in Art. 104a wie folgt formuliert: Ich zitiere: „Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt. Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben. (…)“. Von Gemeinden wird hier nicht gesprochen, da diese im Grundgesetz als Teil der Länder gelten.
In unserer Landesverfassungen ist das Konnexitätsprinzip zwischen Land und Kommunen verankert: Art. 71 Abs. 3 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg lautet:
„Den Gemeinden und Gemeindeverbänden kann durch Gesetz die Erledigung bestimmter öffentlicher Aufgaben übertragen werden. Dabei sind Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, so ist ein entsprechender Ausgleich zu schaffen.“
Meine Damen und Herren und liebe Verwaltungsspitze,
Dieser gesetzlich verankerte Grundsatz wird doch seit vielen Jahren maximal gebeugt und zum Teil sicher auch gebrochen. Und so lange dies auch einigermaßen stillschweigend hingenommen wird, reagieren wir haushälterisch nur weiter, statt endlich wieder zu agieren. Diese Botschaft soll alle Landtags- und Bundestagsageordnete dazu animieren, sich vielleicht wieder mal in ein kommunales Parlament zu setzten, um aufmerksam zuzuhören!
Zusammengefasst hat sich unsere FW/FD Fraktion das Ziel gesetzt, keine zusätzlichen, kostenverursachenden oder kostensteigernden Haushaltsanträge einzubringen.
Vielmehr geht es uns um strukturelle Anpassungen und deren schnelle Umsetzung, welche mittelfristig wieder zu einem positiven oder zumindest ausgeglichenem Ergebnishaushalt führen sollen. Da in dieser Haushaltsrede nicht jeder Antrag als solcher auch wahrgenommen werden kann, verweise ich auf unsere detaillierte Antragsliste im Anhang.
Sicher habe ich jetzt nicht alles angesprochen, was uns schon seit Wochen im Rahmen der Haushaltsaufstellung und Finanzplanung bewegt und umtreibt. Das würde auch hier den Rahmen sprengen. Seien sie aber versichert, dass unserer FW/FD Fraktion nichts hinten herabfällt, und wir uns vollumfänglich mit allen Themen befassen.
Im zweiten Teil meiner Rede will ich auf den Investitionshaushalt eingehen:
Einem erfahrenen Leser mögen die eingedampften, in weiten Teilen schon mehr als grenzwertig reduzierten bzw. verschobenen Investitionsmaßnahmen aufgefallen sein. Wie bereits erwähnt, kann es nicht die Lösung sein, unsere bestehende Infrastruktur „kaputtzusparen“. Das wird uns schneller als wir denken wieder vor die Füße fallen.
Drei zusammengewachsenen Stadteile, samt Gebäuden und Infrastruktur, fordern ihren Preis. Im Unterhalt und in der Bewahrung von Diensten und Leistungen. Dies als gegeben zu sehen, fällt angesichts der aktuellen und zukünftigen Finanzlage Fellbachs zusehends schwer. Daher werden wir uns als FW/FD Fraktion nicht davor verschließen, auch diese Strukturen zu beleuchten um ggf. Veränderungen, sofern sie sinnvoll sind herbeizuführen. Unsere großen Projekte, welche noch bis letztes Jahr intensive vorangetrieben und beraten worden sind, rücken aktuell weit in den Hintergrund.
Ich spreche hier vom Neubau einer Sporthalle, als Voraussetzung für das Sanierungsprogramm aller anderen Hallen in Fellbach, vom Projekt Neue Mitte Fellbach im Zusammenhang mit der Haltestellenverlegung an der Lutherkirche, und natürlich auch vom geplanten Neubau der Feuerwehr Fellbach. Wir haben uns in Vergangenheit mehrfach dafür eingesetzt, dass diese großen und kotenintensiven Vorhaben pragmatisch, bedarfsgerecht und auch günstiger umgesetzt werden sollen und auch können, ohne aber jemals diese Vorhaben in Abrede zu stellen.
Als Konsequenz zur aktuellen Haushaltslage lassen sich diese wichtigen und richtigen Vorhaben aber gar nicht mehr darstellen. Um diese schneller wieder darstellen und ermöglichen zu können, bedarf es den eingangs schon erwähnten Verbesserungen im Ergebnishaushalt. Nicht minder besorgt uns die Entwicklung im IBA-Gebiet von Fellbach. Selbstredend halten geänderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen mögliche Investoren davon ab, ein Projekt wie dieses in Erwägung zu ziehen.
Maßgeblich hat aber auch das Land mit der unsäglichen und gänzlich intransparenteren Kommunikationsstrategie, wenn es um eine Landeserstaufnahmeeinrichtung oder Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in diesem Gebiet geht, dafür gesorgt, dieses Vorhaben massiv zu beschädigen.
An dieser Stelle möchte ich für unsere FW/FD Fraktion nochmals ganz deutlich sagen: Eine Einrichtung dieser Art in diesem Gebiet ist gänzlich ungeeignet und untragbar. Zuvorderst für die Menschen, welche dort untergebracht werden sollen!
Bei allen aktuellen HH-Sorgen möchte ich doch noch ein paar Sachthemen ansprechen, die unserer Fraktion besonders wichtig sind.
Gespann erwarten wir Anfang 2025 den aktualisierten Schulentwicklungsplan. Die aus unserer Sicht richtige Wiedereinführung des G9 wird aller Voraussicht nach zu einem erhöhten Raumbedarf führen. Vom Mangel an Lehrkräften will ich gar nicht reden. Daher ist es wichtig auch in diesem Bereich auf Basis der aktuellen und zu erwartenden Schülerzahlen die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern mehr durchdigitalisierte Prozesse anbieten, die Behördengänge ersetzen und damit auch die städtischen Mitarbeiter entlasten. In diesem Zusammenhang beantragen wir erneut, einen Fahrplan vorzulegen, welche digitalen Prozesse in der Verwaltung kurz-, mittel- und langfristig zur Umsetzung kommen und welche Auswirkungen auf die Soft- und Hardware, die Infrastruktur und für die Schulung unserer Mitarbeiter sich daraus ergeben. Weiter regen wir an die Themen Digitalisierung/Security/Netze oder Cloud-Strategie proaktiv im Städtetag zu platzieren.
Ist Komm.One eigentlich der richtige Digitalisierungspartner, den die Kommunen brauchen? Die Kommunen machen vieles selbst, was eigentlich von Komm.One kommen sollte. Bemerkenswert dabei ist, dass den Kommunen 85 % an Komm.One gehören.
Einen besonders hohen Stellenwert haben in unserer Fraktion der Erhalt unserer Lebensgrundlagen und der Klimaschutz, wobei wir auch hier wirtschaftliches Denken einfordern. Die Stadt sollte beim Klimaschutz mit gutem Bespiel vorangehen und die Solarnutzung bzw. die energetische Sanierung bei städtischen Immobilien intensivieren.
Alle Pläne für einen Autobahnring über das Schmidener Feld egal ob oberirdisch oder als grün gefärbte Tunnelvariante lehnen wir entschieden ab – dieses Projekt ist unbezahlbar, aus der Zeit gefallen und würde weit mehr Probleme schaffen wie lösen.
Besonders am Herzen liegt unserer FW/FD-Fraktion die Förderung des Ehrenamts. Die Ehrenamtlichen in unseren Kirchengemeinden, Hilfsorganisationen und Vereinen, ohne die unsere Stadt ideell und finanziell ärmer wäre, verdienen als der „Kitt in unserer Stadtgesellschaft“ unsere große Wertschätzung.
Abschließend möchte ich mich hier bedanken!
In aller erster Linie bei meinem FW/FD Team für den immer sachlichen sehr fundierten wie auch kritischen Austausch, das Vertrauen und vor allem auch für das freundschaftliche Miteinander.
Allen Gemeinderatsmitgliedern danke ich für den konstruktiven, wertschätzenden und respektvollen Umgang.
Ihnen Frau Oberbürgermeisterin Zull, Herr ersten Bürgermeister Berner, Frau Baubürgermeisterin Soltys, und allen Mitarbeitenden in der Stadtverwaltung danke ich für alles, was sie für unser Fellbach einbringen!
Danke vor allem auch für die notwendige Verzichtsbereitschaft in den jeweiligen Budgets und Resorts, welche maßgeblich zur Haushaltsaufstellung 2025 beigetragen hat.
Zu guter Letzte wünsche ich mir und uns allgemein, ganz übergreifend, dass wir lauter Loben und auch etwas leiser Kritisieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir davon nur profitieren werden!
Für meine Fraktion bedanke ich mich bei Ihnen allen für die Aufmerksamkeit und das Interesse.
Martin Oettinger (Fraktionsvorsitzender)